Eine Woche in der Filmhölle: Tag 1 – Siegfried

Im letzten Artikel habe ich euch die Wahl zwischen drei Themen gegeben und was soll ich sagen, auf euch ist einfach kein Verlass. Am Ende stand da nämlich ein Unentschieden, was die ganze Sache nicht einfacher macht. Also musste ich mich entscheiden und meine Wahl fiel auf das Thema „Deutsche Comedy der 00er Jahre“. Damit endet nämlich eine Trilogie der Hölle, wenn man so will, denn die letzten zwei Themen-Wochen waren auch schon deutsch geprägt. Außerdem ist es der Beginn eines unfreiwilligen Themenmonats aus Beiträgen, Rätseln und Gequatsche…

  • Der Knirps und das Rheingold

Stellt euch vor, wir schreiben das Jahr 2005, ihr seid 10 Jahre alt, wollt mit eurem Vater ins Kino und seht auf einem Plakat „Hausmeister Krause“ und entscheidet euch dann selbstverständlich für Tom Gerhards neuen Film. Knapp 90 Minuten später kommt ihr gut gelaunt aus dem Saal, habt viel gelacht und zuhause schreibt ihr erstmal all euren Freunden via ICQ vom neuen, tollen Kinofilm. Schnitt. 15 Jahre später. Ihr seid jetzt Filmblogger und kommt auf die Idee, deutsche Komödien der 2000er Jahre anzuschauen. Also wurde meine Kindheitserinnerung durch das erneute anschauen zerstört und ihr lest jetzt einen Verriss, den dieser Film ohne jeden Zweifel verdient hat? Naja, nur zum Teil. Fangen wir aber mal mit den Schwächen des Films an. Wo soll man da anfangen? Die Nibelungen-Saga wird hier als Vorlage genommen, aber wirklich Liebe zum Vorbild spürt man nicht. Ja, die Namen sind „fast“ gleich, es gibt einen Drachen, den Speer in die verwundbare Stelle usw. Aber eigentlich ist die Geschichte nur das Vehikel für einen platten Gag nach dem nächsten. Hier kotzt mal jemand, da fliegt mal ein Schwein durch die Gegend und auch die Vergewaltigungs-Witzchen waren damals schon nicht lustig. Dazu kommt ein Tom Gerhard, der mit Sicherheit schon seinen Karrierehöhepunkt hinter sich hatte und hier jedes einzelne Wort (warum auch immer) wiederholt. Habe ich eigentlich schon das sprechende Schwein erwähnt, was nach ca. zwei Minuten nur noch nervt? Ohne jeden Zweifel: „Siegfried“ ist Trash der schlimmsten Sorte, über weite Teile nervlich anstrengend und die Hauptdarsteller-Leistung ist mit keinem Schimpfwort dieser Welt zu beschreiben. Nebenbei konnte ich fast jedes Wort mitsprechen und musste öfter lachen, als ich wollte…

 

  • Abseits von Siggi

Ich habe diesen Film in meinem Leben vielleicht 1,5mal gesehen. Einmal im Kino und vielleicht nochmal im Fernsehen teilweise. Trotzdem war mir jede einzelne Szene so bekannt, als wäre es mein Lieblingsfilm. Das sorgte natürlich für tolle Nostalgie-Momente, wenn ich nach Jahren wieder den Antagonisten sehe, der in seiner Freizeit Kevin Kuranyi-Doppelgänger ist oder mich daran erinnere, dass hier fast alle einen kölschen Dialekt pflegen und wie wir alle wissen, macht Dialekt alles lustiger. Die unfassbare Präsenz der Szenen in meinem Gedächtnis gibt mir aber auch zu denken. „Siegfried“ hat meinen Humor doch mehr geprägt als ich wollte. Andere Filme in dieser Woche werden diese Theorie vielleicht noch bestätigen. Aber mal ganz im Ernst, der Streifen hat neben dutzenden von Rohrkrepierern auch Gags zu bieten, wo zumindest ich laut auflachen musste. Beispiele? Gerne! Da wären Siegfrieds Verabschiedung, die Otto-Walkes-Grille, die Wache bzw. der Kaiser von China, das Tauben-Telefon, das hässlichste Drachenbaby aller Zeiten, Atze Schröders „Überraschungsauftritt“ und alle Szenen mit Axel Neumann als Alberich. Das Minimum für eine Komödie erreicht „Siegfried“ also: Ich musste ab und zu mal lachen. Somit komme ich den Bewertung auch nicht daran vorbei, eine mittelmäßige Punktzahl zu vergeben. Wenn man Tom Gerhard und das Schwein ausblendet und sich nicht über jeden Kotz-Witz auskotzt, dann wird man hier mehr solide Gags finden, als man vielleicht annehmen würde. Die sind eben nicht auf Loriot-Niveau, sondern mehr in der Richtung „Hausmeister Krause“ oder „Das kleine Arschloch“. Damit haben wir auch den perfekten Gradmesser für die kommenden Filme dieser Woche gefunden. Wenn mich schon einer der schlechtesten Vertreter jener „humorbefreiten“ Zeit gut unterhalten konnte, ahne ich schlimmes für die nächsten sechs Tage…

Siegfried

15 Comments

          1. Hoffentlich, wie du bei dem Film schmunzeln konntest hat sich mir bei meiner heutigen Sichtung nicht erschlossen. Nächsten Dienstag gibt es meine Meinung dann in den Kurzkritiken.

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