Special: Es kommt nicht auf die Länge an

Special_Laufzeit

Jeremy-Pascal, 15, fragt: „Meine Freundin mag immer nur lange. Was ist denn an kurzen so schlimm? Letztens haben wir „Reservoir Dogs“ gesehen. Der geht nur 90 Minuten, dass fand sie voll scheiße. Voll oft gucken wir dann Superhelden-Filme, die gehen fast immer meeega lange und da fühle ich mich schlecht und sie findet es voll toll“. – Danke für deine Frage. Ich versuche die Sache mal zu erklären. Ab jetzt auch ohne diesen vollkommen unlustigen und pubertären Humor!

  • Keine Zeit!

Man kennt das: Es steht mal wieder an, diese ätzende Suche nach einem Film für den Abend. Die „Watchlist“ bei den großen Streaming-Diensten platzt aus allen Nähten, die Klassiker im Regal wollen auch mal wieder angeschaut werden und der Kollege eines Schwagers hat doch auch neulich so einen tollen Film empfohlen. Bei diesem Auswahl-Prozess werfe ich immer öfter einen Blick auf einen bestimmten Bereich: Die Laufzeit! (hier dramatische Musik einfügen) Gefühlt gibt es kaum noch größere Filme, die unter zwei Stunden erzählt werden können. Sind die Geschichten denn komplexer geworden? Gibt man im Jahr 2018 den Charakteren einfach mehr Zeit zur Entfaltung? Ist ja schon gut, wir alle wissen, dass das nicht der Fall ist. Damals, wie heute, gibt es Filme die Zeit für ihre Story und Protagonisten brauchen. Bei anderen passt beides auf einen Bierdeckel. Trotzdem haben viele (und ich auch) den Eindruck, dass heutige Blockbuster extra lange dauern müssen. Früher waren Werke mit 2,5 Stunden irgendwelche riesigen Dramen oder epochale Monumentalfilme? Ich denke da nur an „Die 10 Gebote“, mit einer Laufzeit von fast vier Stunden. Aber warum brauchte man für die Geschichte von „Star Wars VIII“ über 150 Minuten? Hätte „Black Panther“ sein Abenteuer nicht auch in unter zwei Stunden hinbekommen?

  • Ein Blick zurück

Viele alte Klassiker haben wir als große Geschichten mit ausgestalteten Charakteren im Kopf. So etwas braucht doch auch ewig Zeit oder? Naja, „Citizen Kane“ dauert knapp zwei Stunden, „Die zwölf Geschworenen“ ist mit 92 Minuten noch kürzer und „Dr. Strangelove“ von Stanley Kubrick dauert nur eine Minute länger. Bei vielen alten Filmen hat das auch einen besonderen Grund. „Film“ (also das Medium zum Aufnehmen von Filmen) war nicht sonderlich günstig. Somit haben besonders Low-Budget-Produktionen an der Laufzeit gespart. Heute wird natürlich meistens digital aufgezeichnet, was somit kaum Auswirkungen auf die Kosten hat. Dass längere Filme auch mehr Zeit zum Aufnehmen brauchen, kann man dagegen nicht so pauschal sagen. Manche Regisseure (wie mein geliebter Kubrick) lassen kaum eine Szene nur einmal drehen. Solche Perfektionisten benötigen auch mit kleineren Filmen deutlich mehr Zeit. Andere Regisseure mögen es mehr, wenn die Schauspieler spontan und vollkommen natürlich sind. Somit hat die Produktionszeit wenig Auswirkung auf die Länge des Films. Außerdem: So teuer damals Filmkassetten waren, so kommen sie doch nicht an die Marketing- und CGI-Kosten von heutigen Blockbustern an. Ganz interessant ist es, dass die großen „Blockbuster“ der damaligen Zeit sogar deutlich länger waren, als ihre heutigen Konkurrenten. „Vom Winde verweht“, „Ben Hur“ oder „Lawrence von Arabien“ – alle diese Filme waren unglaublich erfolgreich und alle dauern länger als 3,5 Stunden! Der erfolgreichste Film unserer Zeit heißt „Avatar“ und dieser hat „nur“ eine Laufzeit von etwas über 160 Minuten. Es ist kaum vorzustellen, dass z.B. Disney heute Filme rausbringt, die weit länger als drei Stunden dauern. Bei den meisten Filmen können wir also schon froh sein, dass die alten Zeiten vorbei sind.

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  • Weiter in die Moderne

Tatsächlich erkennt man im Laufe der Jahre eine Veränderung bei den großen Filmen im Kino. „Star Wars“ in den 70ern oder „Indiana Jones“ in den 80ern – alles relativ kurze Filme. Natürlich gibt es auch da Ausnahmen wie z.B. das „Pate“-Epos. Trotzdem war die Zeit der ewiglangen Blockbuster erstmal vorbei, weil junge Regisseure mit wenig Budget, mehr Zuschauer erreicht hatten. Bis 1997 „Titanic“ kam und somit meine Theorie, dass erfolgreiche Filme immer kürzer wurden, kaputt gemacht hat. Aber vielleicht dachten die Konzerne ja genauso wie ich. Die Leute wollen lieber kurzweilige Unterhaltung, als riesige Geschichten. Dann wurde „Titanic“ mit einer Länge von über drei Stunden zum erfolgreichsten Film (bis „Avatar“). Vielleicht brachte James Cameron hier etwas zum Laufen und ich bin einer ganz heißen Sache auf der Spur. Oder es war Zufall… Um das herauszufinden hilft nur Mathe! Ich habe mal die erfolgreichsten Filme aller Jahre seit 1950 genommen und dann die Durchschnittslaufzeit nach Jahrzehnten ausgerechnet. Hier die leider nicht so spannenden Ergebnisse:

  • 1950er – 143,7 Minuten
  • 1960er – 140,0 Minuten
  • 1970er – 128,8 Minuten
  • 1980er – 119,0 Minuten
  • 1990er – 131,1 Minuten
  • 2000er – 150,5 Minuten
  • 2010er – 134,5 Minuten

Jetzt könnte man also sagen, dass die 00er Jahre besonders lange Filme herausgebracht haben, die Leute in den 80er stinkefaul waren und wir in jetzigen Zeiten irgendwo in der Mitte liegen. Diese Rückschlüsse wären allerdings zu übereilt. Jedoch sind mir ein paar Dinge aufgefallen. In den 50er gab es eine große Bandbreite im Mainstream-Publikum. Der 70-minütige Disney-Film wurde genauso angenommen, wie das vier Stunden Epos. Während die Zeichentrickfilme jedoch immer länger wurden, ging das Genre des Monumentalfilms bergab. Somit glichen sich die Zahlen immer weiter an. Die hohe Zahl in den 00er Jahren lässt sich durch „Herr der Ringe“, „Harry Potter“ und „Avatar“ erklären. Genau mit diesen drei Filmen habe ich auch wahrscheinlich meine Antwort gefunden.

  • Nicht Länge; Größe!

Welches Wort ist in aller Munde? Franchise! So ein tolles Universum lässt sich am besten auf Bücher aufbauen. Blöd nur, dass die meistens so viele Seiten und Bände haben. Zumindest bei Mittelerde und Hogwards liegt die lange Laufzeit an der zugrunde liegenden Vorlage. Auch von „Avatar“ wissen wir mittlerweile, dass ein großes Franchise geplant ist. Die ganzen Superhelden-Filme sind auch nicht gerade kurz und liegen so in etwa im Durchschnitt der 10er Jahre, also ca. bei etwas über zwei Stunden. Führen der Franchise-Gedanke, die filmübergreifenden Geschichten und die Vernetzung der unzähligen Einzelfilme, zu längeren Laufzeiten? Ein netter Gedanke, in dem mit Sicherheit auch ein bisschen Wahrheit steckt, aber auch in den 80ern gab es große Trilogien, Fortsetzungen und Remakes. Trotzdem sind epische und  bedeutungsschwangere Storys oftmals länger, als das kleine, nette Drama von nebenan. Von diesen „die Welt muss gerettet werden“-Geschichten haben wir momentan auch gefühlt mehr als früher.

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  • Wo liegt die Lösung?

Der Trend geht klar zu diesen „großen“ Storys, während kleine, interessante Geschichten ihr Dasein im Nischen-Kino verbringen müssen. Somit wäre die Sache also geklärt. Naja, nicht ganz. Immerhin fehlt da noch ein Aspekt: Wir haben alle die Aufmerksamkeitsspanne einer Eintagsfliege! Können wir uns wirklich nur noch bei den absolut großen Meisterwerken länger als zwei Stunden konzentrieren? Wenn uns ein Film einmal als langweilig erscheint, schalten wir sofort aus oder er kommt uns viel zu lang vor? Zugegeben, dass ist etwas spitz formuliert, aber wir alle wissen, dass es zum Teil stimmt. Ob das jetzt älteren Generationen anders ging, mag ich aber auch zu bezweifeln. Immerhin lesen viele von uns auch große Wälzer zu Ende, zocken stupide Games die ganze Nacht durch oder schaffen es natürlich auch, ein, Mal nicht so brillantes Werk länger als zwei Stunden zu verfolgen. Aber besonders der Mittelteil vieler Filme kommt mir persönlich sehr oft zu lange vor. Für mich ist es irgendwie eine Mischung aus allem. Die aufgeblasenen Geschichten, die vernachlässigte Charakterentwicklung und ja, auch meine Aufmerksamkeit ist irgendwann weg. Meiner Meinung nach werden Mittelteile von großen Filmen immer häufiger genutzt, um coole Szenen zu zeigen, irgendwelche Nebenstränge zu erzählen oder um mehr Klarheit in die Geschichte zu bringen. Besonders letzteres kann anstrengend wirken, wenn einem der Plot und die Motive der Protagonisten nicht subtil und fließend erzählt werden, sondern mitten in die Fresse gehämmert werden! Hollywood-Filme wollen oftmals, dass auch der letzte Zuschauer alles, aber auch wirklich ALLES, versteht und erklärt bekommt. Da ist nicht mehr viel Platz für Phantasie oder Interpretation. Ich finde, das ist furchtbar schade. Auch Teenagern kann man mehr zum Nachdenken mit auf dem Weg geben, als der große „Cliffhanger“ in einer Post-Credit-Scene. Auch wenn das mit in die Laufzeit einspielt, ist es wahrscheinlich ein ganz eigenes Thema für sich…

Ich habe zwar ein paar Aspekte gefunden, aber keine endgültige Antwort. Habt ihr eine? Kommen euch heutige Blockbuster-Filme zu lange vor? Wenn ja, woran liegt es und stört euch das überhaupt?

Ein Dankeschön geht noch raus an Steffelowski, der mich in einem Kommentar auf die Idee für diesen Beitrag gebracht hat.

(Bildquelle: imdb.com)

34 Comments

  1. Super spannend!

    Zunächst ein mal meine subjektive Wahrnehmung. Generell schaue ich bei der Filmauswahl nicht auf die Laufzeit. Trotzdem muss ich festalten, dass ich mich nicht erinnern jemals gesagt zu haben: „Boah, der Film war jetzt aber 20 Minuten zu kurz.“ Im Gegensatz zu: „Ach du scheiße, der Film war gefühlt 2 Stunden zu lang.“ Das sage ich vermutlich erstaunlich oft. Daraus könnte man jetzt vielleicht ableiten, dass ich kürzere Filme bevorzuge.

    Um aber ganz ehrlich zu sein, kann ich bei meinen Lieblingsfilmen aus dem Stehgreif gar nicht sagen, wie lange die Laufzeit eigentlich ist. Geht „Pulp Fiction“ nur knapp 90 Minuten oder über eine Stunde? Ich habe jetzt nicht nachgeschaut, wäre aber bei keiner der beiden Möglichkeiten überrascht. Ich denke das zeigt, dass bei guten Filmen die Laufzeit egal ist.

    Der Filmlichter hat zu dem Thema auch mal ein paar interessante Zeilen geschrieben. Falls du den Text noch nicht kennst, ist hier der Link dazu.
    https://filmlichtung.wordpress.com/2017/11/25/frueher-waren-filme-kuerzer-oder/

    Kurze Frage zu deiner Dekaden-Filmlänge Übersicht. Wie viele Filme hast du denn für deine Berechnung betrachtet? Wenn ich das richtig verstehe aus jedem Jahr einen oder? Kann man so machen. Interessant wäre natürlich auch, ob dasselbe Bild herauskommt, wenn man aus jedem Jahr die erfolgreichsten 10 nehmen würde. Dann wären es pro Dekade schon 100 Filme. Wäre doch interessant zu sehen, ob sich dann die einzelnen Dekaden überhaupt noch unterscheiden.

    Generell ist mir aufgefallen, dass sich im Laufe der Zeit vielleicht wirklich die Laufzeit verändert hat. Auf sich aber auf jeden Fall verändert hat ist die Erzählstruktur von Filmen. Auch das Tempo war früher ein ganz anderes als heute. Selbst wenn ein Film früher nur 90 Minuten ging, konnte es durchaus sein, dass er an einige Stellen (aus heutiger Sicht) recht zäh war, weil einfach nichts passiert. Zum Thema Erzählstrukturen im Wandel der Zeit habe ich auch mal was am Beispiel des Klassikers „Der Unsichtbare“ geschrieben. Wenn ich mal ganz unverschämt mich selbst verlinken darf, findest du den Artikel hier:

    https://magofilmtipps.wordpress.com/2016/08/12/universal-monsters-5-der-unsichtbare-erzaehlstrukturen-im-wandel-der-zeit/

    Zum Abschlus noch ein Wort zu Jeremy-Pascal: Die Länge ist nicht entscheidend. Wenn das Gesamtpaket stimmt, wird deine Freundin auch an kurzen Filmen mit dir zusammen Spaß haben.

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    1. Ganz genauso geht es mir auch. Ich sage viel, viel öfter, dass der Film „zu lang war“, selten aber „da hätten noch 30 Minuten mehr rein gepasst“.Wenn ich meine Lieblingsfilme ansehe, dann ist die Tendenz aber eher zu langen Filmen. „Der Pate“ zum Beispiel dauert fast 3 Stunden. Das weiß ich aber auch erst, seitdem ich diesen Artikel geschrieben habe und darauf aufmerksam geworden bin. Ich interesse mich bei Filmen besonders für die Geschichte und Charaktere. Wenn so etwas in epischer Breite gut erzählt wird, umso besser. Pulp Fiction dauert übrigens auch über 2,5 Stunden 🙂

      Jedoch ist die Frage, ob Superhelden oder Transformers über 2 Stunden brauchen um ihre Geschichten zu erzählen. Ich hatte gehofft, auf irgendeinen Marketing-Trick zu treffen. Sowas wie „Markforschung hat ergeben, die Leute mögen Filme zwischen 120 und 150 Minuten am liebsten“. Leider habe ich dazu nix gefunden. Vielleicht glauben die Macher wirklich, dass diese Geschichten so lange tragen können. Ich bin da anderer Meinung…

      Zum Thema Statistik: Damit bin ich auch unzufrieden, ich arbeite aber schon an einer verbesserten Version mit deinem Vorschlag.

      Zum Thema Jeremy-Pascal: Ich hoffe auch sehr, dass ich ihm mit diesem Artiekl helfen konnte. Sonst hat vielleicht Dr. Sommer seinen Titel an einer Filmhochschule erlangt? 😀

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      1. Hier die Statistik mit den 10 erfolgreichsten Filmen pro Jahr (Minuten im Durchschnitt):
        80er = 112,4 Minuten
        90er = 118,5 Minuten
        00er = 121,1 Minuten
        10er = 123,8 Minuten

        Danach sieht es wirklich so aus, dass erfolgreiche Filme zumindest seit den 80ern immer länger wurden. Wofür braucht Hollywood die extra 10 Minuten? Vielleicht läuft der Abspann heute langsamer oder das sind die Minuten für Product Placement? Keine Ahnung. aber ganz interessant 😀

        Ein paar Funfacts, die mir beim erstellen der Statistik aufgefallen sind:
        1. Der letzte 3-Stunden-Film, der unter die Top 10 der jahrescharts kam, war „King Kong“ von Peter Jackson.
        2. Das „kürzeste“ Kinojahr war 1986 mit im Durchschnitt 106,6 Minuten. Das „längste“ Kinojahr war 1993 mit 133,3 Minuten im Durchschnitt.
        3. Das aktuelle Kinojahr liegt bei 119,6 Minuten. Also sind die aktuellen Blockbuster im Vergleich relativ kurz.
        4. Früher waren echt tolle Filme in den Top 10 der Einspielergebnisse 😀

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  2. Ups, das ging ja doch sehr schnell, dass du dich dem Thema angenommen hast. Dafür schon mal vielen Dank.
    Ich hätte nicht erwartet, dass du da dann auch gleich mit so viel Akribie an die Arbeiti gehst. Super. Ich habe deine Ausführungen mit großen Intersse gelesen.

    Du bringst eine Menge Fakten und Statistik ins Spiel, die sich in die eine oder auch andere Richtung interpretieren lassen. Mir geht es – und damit bin ich ja offenbar nicht allein auf der Welt – darum, dass sich viele Filme auch einfach länger „anfühlen“. Das dies dann auch mit der tatsächlichen Filmlänge einhergeht, ist eventuell nur ein Zufall. Wenn ich mal grad schnell meine 10 Lieblungsfilme duchrgehe, ist davon keiner nach 90 Minuten zuende. Im Gegenteil, sie haben eine Laufzeit von mindestens 2 Stunden, einige noch deutlich länger. Allerdings ist da auch kaum was dabei, was nicht schon mindestens 10 Jahre oder sogar wesentlich mehr an Jahren auf dem Buckel hat.

    Ich denke, Ma-Gos Idee mit der geänderten Erzahlstruktur könnte einer der Gründe sein, dass sich mein subjektives Empfinden geändert hat. Gefühlt ist die Anzahl an Subplots in Filmen deutlich angestiegen. Es werden viele Handlungstränge und Figuren eingeführt, die mit dem eigentlichen Plot nur am Rande zu tun haben. Leider gelingt es vielen Filmen dann auch nicht mehr, die losen Enden gegen Schluss sinnhaft zusammenzubringen und zu verknüpfen. Das kostet dann Zeit und führt – zumindest bei mir – dazu, dasss das Interesse erlahmt.

    Weiter Grund für das Auswalzen von Filmminuten sind sicherlich auch die verbesserten technischen Möglichkeiten, die den Filmschaffenden heutzutage zur Verfügung stehen. So können Action- oder andere trichtechnisch aufwendige Szenen beinhahe beliebig lang ausgedehnt werden und der Showdown von Avengers-Age of Ultron kann dann beinahe eine Stunde dauern. So kann ein Segen (verbesserte Tricktechnik) sich irgendwann zum Fluch wenden. Der rhythmische Aufbau eines Films wird völlig durcheinandergebracht und Spannungsbögen flachen immer mehr ab.
    Aber es hat im Genre Film schon immer Moden und Meriten gegeben, die gekommen und wieder gegangen sind. Ich baue da auf die Zet. Irgendwann werden sich auch schon wieder Strömungen in Richtung kompakterer Erzählweise durchsetzen.
    Für Jeremy-Pascal: Lass dir nichts einreden. Es kommt nicht auf die Länge, sondern auf den Inhalt an.

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    1. Tatsächlich wollte ich auch erst die subjektiven Gründe aufzählen, aber irgendwann hat mich dann doch der Ergeiz gepackt und ich wollte wissen, ob Filme tatsächlich länger geworden sind. Zu einem wirklichen Schluss kam ich da nicht.

      Rein subjektiv geht es mir auch so. Viele Filme kommen mir zu lang vor, aber meine Lieblingsfilme sind alle über 2 Stunden. So eine Geschichte kann ja auch viel hergeben und dann über 3 Stunden erzählt werden, ohne das einem langweilig wird. Das Blockbuster-Kino (egal in welcher Zeit) ist aber nicht für komplexe Charaktere o.ä. berühmt.
      Mit den Subplots habe ich auch so meine Probleme. Man kennt das von Serien. Oftmals wartet man darauf, dass die interessante Geschichte weiter geht. Bei 10 Folgen a 45 Minuten kann man das machen, bei einem 2,5 Stunden Film wird es schwierig, wenn eine Nebenhandlung langweilig ist.
      Mit Sicherheit wird es da in Zukunft auch wieder andere Tendenzen geben. Und Jeremy-Pascal wird glaube ich mein Blog-Maskottchen, so wie sich alle für ihn einsetzen 😀

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    2. „Gefühlt ist die Anzahl an Subplots in Filmen deutlich angestiegen. Es werden viele Handlungstränge und Figuren eingeführt, die mit dem eigentlichen Plot nur am Rande zu tun haben. Leider gelingt es vielen Filmen dann auch nicht mehr, die losen Enden gegen Schluss sinnhaft zusammenzubringen und zu verknüpfen.“

      Das fasst das Problem sehr schön zusammen. Ergänzen würde ich noch, wie im verlinkten Artikel beschrieben, die oftmals unsägliche Tendenz zum Zeigen aller Details statt Dialoge der einfach nur Bilder für sich sprechen zu lassen.

      Nehmen wir einen noch nie da gewesenen Abenteuerfilm und nennen ihn „Jeremy Pascal und die Wunderbürste“. Bevor unser Held die Leinwand betritt, würden wir sehen wie evtl. im alten Ägypten Soldaten in die Schlacht ziehen. Der Pharao ahnt die drohende Niderlage und versteckt seine heilige Bürste in einer Höhle. Der Pharao wird getötet. Die Bürste gerät in Vergessenheit. Schnitt. 2000 Jahre später. (Nicht ägyptisch aussehende) Kinder spielen in der Wüste und finden ein eingestaubtes Objekt. Schnitt. Bei einer Auktion ersteigert ein Museum das gefundene Objekt, das sich als die Wunderbürste herausstellt. Und dann geht der eigentliche Film los. Die ersten beiden Sequenzen könnte man sich eigentlich kompett sparen. Dennoch gehören solche Rückblicke und Details mittlerweile zum Standard.

      Gleiches gilt übrigens auch für Dialoge, die man sich oft einfach schenken könnte. Ich habe neulich einen Film gesehen. Da lag ein junger Mann auf dem Boden, der vor Schmerzen ächzte und krampfte. Als er anfing Blut zu spucken meinte einer seiner rumstehenden Freunde: „Er hat starke Schmerzen“ Tatsächlich? Vielen Dank. Das war zur nur eine Sekunde unnötiger Zeit. Aber es sollte nicht beim einzigen Wortbeitrag dieser Güteklasse bleiben. Und so kommt man schnell mal auf 2-3 Minuten gesprochenen Schwachsinn pro Film 😉

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  3. Saustark, dass du dir die Mühe mit der Auswertung gemacht hast. Ich finde da hat man jetzt schon mal etwas einigermaßen Greifbares. Das merke ich mir auf jeden Fall mal für die nächste Diskussion 😉

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  4. Sehr sehr interessanter Artikel und auch sehr interessante Zahlen. Den Knick in den 70ern würde ich – so mein erster Gedanke – dem New Hollywood-Kino zuschreiben. Junge Regisseure, die sich bewusst von den dicken Schinken des goldenen Zeitalters abwanden. Allerdings waren das ja nicht unbedingt die erfolgreichsten Filme… Den Laufzeitanstieg in jüngerer Zeit würde ich dann eher der einfacheren Produktion digitaler Elemente zuschreiben. Es kostet heute einfach weniger, noch schnell ein paar Szenen im Computer zusammenzubasteln, als vor 15 Jahren.
    Meine persönliche Überzeugung hinsichtlich Lauflänge ist übrigens: Ein Film braucht einen sehr guten Grund, wenn er wesentlich länger als 2 Stunden gehen soll. Für mich ist kurzes, knackiges Erzählen immer noch eine größere Kunst, als ausschweifend zu erzählen. Das habe ich vor allem bei The Hateful 8 und The Wolf of Wallstreet gemerkt…

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    1. Die Statistik ist weit weg von represtativ, aber ich habe ähnlich wie du gedacht: Was gab es so in den letzten Jahrzehnten und wie könnte sich das auf die Laufzeit ausgewirkt haben. Das heute alles viel schneller und einfacherer geht, kommt der Laufzeit mit Sicherheit nich zu Gute.

      Ich hoffe mal, dass du bei diesen zwei großartigen Meisterwerken gemerkt hast, dass die lange Laufzeit mehr als gerecht war 😀

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      1. Meisterwerke… nun ja ^^
        Also The Hateful 8 hat für mich wirklich einige Schwächen, vor allem in der zweiten Hälfte. Für mich ganz ehrlich Tarantinos zweitschlechtester Film nach Death Proof. Aber gut, bei Tarantino heißt „schlecht“ noch immer „gut“.
        Und Wolf of Wallstreet hats mir tatsächlich aufgrund der übermäßigen Länge kaputt gemacht. Oder eher die Tatsache, dass es in meinem Kino keine Pause gab. Das drei Stunden am Stück durchzustehen, war dann doch sehr sehr anstrengend. Ich halt da „The BIg Short“ für den deutlich besseren Film und hab mir WoW seitdem auch nicht mehr angesehen. Sobald das wieder passiert, werde ich hoffentlich meine Meinung nach oben korrigieren.

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        1. Na, drei Stunden Kino am Stück ohne Pause ist auch schon Hardcore. Da muss es wirklich ein ganz besonderer Film sein, der mich total in seinen Bann zieht. Ich leide dann immer unter der kontinuierlich anstengenden Termerpartur im Kinosaal. Aber evtl. bin ich da auch nur besonders empfindlich 🙂

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          1. Also bei The Hateful Eight hatten wir zum Glück eine Pause im Kino und das an einer sehr interessanten Stelle 😀 Bei Blade Runner aber zum Beispiel nicht und da hätte eine Pause ganz gut getan. Die Temperaturen (grade im Sommer) können schonmal nervend sein, aber wenn meistens hält es sich in Grenzen wenn der Film genug ablenkt 🙂

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            1. Da sagst du was Wichtiges: Die Pause muss schon an der richtigen Stelle eingebaut sein, damit es stimmig in die Dramaturgie passt. Daran halten sich aber scheinbar nicht alte Kinos. Ich habe schon von Freunden gehört, dass bei deren Kinobesuch die Pause an einer anderen Stelle eingebaut war, als bei meinem Besuch des Films. Das kommt mir aber seltsam vor. Kann das sein, dass die Kinos das selbst entscheiden können, wann die Pause kommt?Hätte angenommen, dass das der Verleih vorgibt.

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        2. Ich halte tatsächlich beide für ein Meisterwerk. Hateful Eight lebt von den vielen Kleinigkeiten. Wie reagieren die Leute, was macht wer im Hintergrund usw. Das kann unglaublich spannend sein, aber ich gebe dir recht, fehlerfrei ist er mit Sicherheit auch nicht.
          Wolf of Wallstreet macht mit persönlich einfach nur unfassbar viel Spaß. Der ist von der ersten bis zur letzten Minute eine riesige Party 😀

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          1. Die erste Hälfte von Hateful 8 finde ich auch brillant vor allem hinsichtlich Spannungsaufbau. Ich nehme ihm aber übel, dass er dann, wenn sich die Spannung entlädt, gleich wieder auf die Bremse drückt…,

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  5. Puh, Hateful Eight fand ich ziemlich grenzwertig. Eigentlich hat die Story nicht genug Substanz, um die ausschweifenden Dialoge zu rechtfertigen. Hier macht es auch meiner Sicht eher die Stimmung, die die Filmlänge rechtfertigt.

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    1. Ahh mein Tarantino-Fanboy-Herz blutet 😀 Hateful Eight hat für mich in fast jeder Minute etwas zu bieten. Kleinigkeiten, wie guckt der Charakter, was macht der andere gerade im Hintergrund usw. Wenn man einmal die Auflösung kennt, macht es unfassbar viel Spaß diesen Film nochmal zu sehen. Aber es liegt wirklich an der Stimmung, denn die Geschichte erzählt er ja fast in Echtzeit. Aber nur weil man stundenlang mit diesen Charakteren gefangen ist, funktioniert das Schauspiel auch mMn.

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      1. Ok, deiner Argumentation kann ich gut folgen. Ich werde dem Film demnächst noch mal ein Chance geben. Vielleicht entdecke ich dann tatsächlich viele der Kleinigkeiten, die du angesprochen hast.

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  6. Wie ist der Artikel denn an mir vorbeigegangen? Ma-Go hat meinen schon verlinkt, dann muss ich keine Eigenwerbung machen. 😉

    Ich war fauler als Du und habe nach der Arbeit eines Statistikers gesucht. Der kam zu ähnlichen Ergebnissen. Die 80er waren eine Ausnahme in der Filmlänge (oder Kürze) wohl als Konzession an frühe Heimmedien. Derzeit „normalisiert“ sich die Länge also nur wieder. Vom Fazit her sind wir uns relativ einig.

    Und jetzt befasse ich mich mit der Frage, warum mir der wordpress reader scheinbar nur „ausgewählte“ Beiträge anzeigt. Ist nicht das erste mal, dass mir was interessantes entgeht.

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    1. Vielen Dank für die Blumen 😀 Heute wird ja immer mehr darauf geachtet, was der Zuschauer will. Sobald eine Mehrheit aus einem Superhelden-Film rausgeht und sagt: Schöner Film, aber doch etwas zu lang“, wendet sich das Blatt wieder.

      Wie der neue Avengers zeigt gehen die Leute aber aus allem raus und sagen nur „bester Film eveeeer“. Da ändert sich wohl in der Filmlänge und auch sonst nicht viel.

      Vielleicht war dem Reader meine anfängliche Doppeldeutigkeit zu schlüpfrig? Mach einfach die Kindereinstellungen raus und es sollte klappen 😀

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      1. Ich bin damals bei den Superheldencomics ausgestiegen weil mir die Megaevents auf den zeiger gingen. Ich habe also eine Idee, was ich vermutlich nach IW sagen würde… 😉

        Es gibt ne Kindersicherung? Das erklärt einiges…

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  7. Ich hatte mir Einiges von IW versprochen. Die ersten Kritiken waren durchweg positiv, wenn auch nicht euphorisch.
    Wenn jetzt für die anstehende Kritik schon in Sachen Beleidigungen „aufmunitioniert“ wird, bekomme ich schon fast Angst vor dem Kinobesuch 😟😥

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    1. Der Film spaltet, so viel kann ich schonmal verraten. Allerdings gibt es ein paar Kritikpunkte die man mMn nur mit der rosaroten Marvel-Brille übersehen kann.

      Alles weitere dann morgen in der Kritik 🙂

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  8. Dank der Verlinkung habe ich zu diesen wie ich finde hochinteressanten Artikel gefunden. Ich würde sagen, vieles ist Trendsache. Da eine grundlegende Tendenz abzuleiten halte ich für unmöglich. Früher gab es das Genre des Monumentalfilms mit wirklich gelungenen Filmen wie Vom Winde Verweht oder Die Zehn Gebote oder Giganten, aber auch da gab es schon kürzere Filme. New Hollywood hat dann versucht vieles anders zu machen, dazu gehört knapperes erzählen. Gerade in den Achtzigern ist das nochmal durchgeschlagen, da das das stärkste Jahrzehnt des Mainstreamkinos war. In den Neunzigern begann eine Gegenentwicklung durch Filme wie Der mit dem Wolf tanzt (der völlig überraschend ein riesiger Publikumserfolg war) und dann Schindlers Liste aber auch Die Verurteilten und Forrest Gump. Dies übertrug sich auf Buchverfilmungen, sodass wir heute viele Blockbuster mit Überlange haben. Ich könnte dir bestimmt dreißig Filme ad hoc nennen, die zu lang sind, aber nur einen der zu kurz ist: Die Truman Show, zwanzig Minuten mehr wir im Originalskript vorgesehen und das wäre einer der besten Filme aller Zeiten geworden, so ist er gut, aber in der Mittelphase zu schnell.

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    1. Habe weiter oben in den Kommentaren die Statistik seit den 80ern etwas ausgebaut und da gibt es wohl einen kleinen Anstieg, aber kaum erwähnenswert.
      Mittlerweile bin ich auch der Meinung, das zu wenig Inhalt auf zu viel Zeit verteilt wird. Die kürzere Aufmerksamkeitsspanne von uns allen ist mit Sicherheit auch Teil des Problems.
      Vielleicht sollte ich einen zweiten Teil machen. Dann heißt es nicht „Werden Filme immer länger?“, sondern „Fühlen sich Filme immer länger an“ 😀

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  9. Länge ist relativ. Ich habe mal Edgar Reitz‘ HEIMAT in einem Kino gesehen, der geht über 16 Stunden. Und da war keine Minute langweilig. OK, die Episode mit Gudrun Landgrebe ist grenzwertig…

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